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Colormanagement
Wozu Colormanagement?
In einer Medienproduktion durchlaufen Bilder aus unterschiedlichen Quellen (z.B. verschiedene Kameras, computergenerierte Bilder, usw.) diverse Bearbeitungsschritte. Alle an der Produktion beteiligten Personen, sollen unter den unterschiedlichsten Betrachtungsbedingungen einen möglichst ähnlichen Bildeindruck bekommen. Die Monitore am Set, im Schnitt, in der CG -Abteilung, beim Compositing und in der Grading Suite haben unter Umständen ganz unterschiedliche Farbräume. Außerdem ist wahrscheinlich auch das Umgebungslicht unterschiedlich.


Ähnlich sieht es bei den Betrachtungsbedingungen der Konsumenten aus. Der Fernseher im abendlichen Wohnzimmer bei gedämpften Licht ist anders, als die Kinoleinwand in fast völliger Dunkelheit oder das Notebook in eine hellen Büro-Umgebung. Auch hier möchte man allen Konsumenten einen möglichst ähnlichen Bildeindruck vermitteln.


Um das zu erreichen braucht man Colormanagement. Colormanagementsysteme definineren unterschiedliche Input-Colorspaces, Working-Colorpaces, Viewing-Colorspaces und Output-Colorspaces. Außerdem definieren sie die verschiedenen „Rezepte“ um Bilder von einem Farbraum in den anderen zu transformieren. Es gibt verschiedene Colormanagement-Systeme mit unterschiedlichen „Rezeptbüchern“ die natürlich auch zu unterschiedlichen Resultaten führen. Daher ist es wichtig, dass möglichst jede im Produktkionsprozess eingesetzte Software das gleiche Colormanagement-System unterstützt.
Grundbegriffe
Display-referred vs. Scene-referred
Die gemessenen Helligkeiten in einer realen Szene sind in der Regel um ein Vielfaches höher als die Spitzenhelligkeit des Wiedergabemediums (Display, Leinwand). Eine moderne Kamera ist in der Lage einen großen Dynamikumfang aufzuzeichnen. Bei einem sogenannten scene-referred Workflow wird eine meist logarithmische OETF verwendet um diesen großen Dynamikumfang mit einer möglichst hohen Kodiereffizienz in die meist nur 10 oder 12 Bit des Aufnahmecodecs zu packen. Diese OETF ist eine mathematisch beschriebene Kurve (z.B. logC3 von Arri oder sLOG3 von Sony), die in der Kamera nicht veränderbar ist. Somit lassen sich aus den aufgezeichneten Daten wieder die realen Szenenhelligkeiten (bis zur Clippinggrenze des Bildsensors) rekonstruieren. Würde man ein so aufgezeichnetes Bild ohne weitere Maßnahmen auf einem Display mit einer vielfach geringeren Spitzenhelligkeit wiedergeben, hätte man ein Ergebnis, das beim Betrachter nicht eine der realen Szenenhelligkeit ähnliche Wahrnehmung erzeugt. Daher müssen die Daten vor der Wiedergabe vom scene-referred in den Display-referred space mit Hilfe einer DRT tranformiert werden. Diesen Prozess nennt man Picture-Rendering. Das ist nicht zu verwechseln mit dem Render-Prozess in einem 3D-Programm. Dort gibt es im Prinzip zwei Renderingschritte. Der erste ist Scene (Geometrie, Lichter, Shading…) → Data (RGB-Codevalues in einem Scene-Linear Colorspace). Das erledigt ein Renderer wie z.B. Arnold oder Cycles. Der zweite ist Data → Image (RGB-Codevalues in einem Display Colorspace). Das erledigt das CMS.



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Tonwertkurve, Gamut, Weißpunkt
Ein Colorspace ist beschrieben durch die Tonwertkurve, den Gamut und den Weißpunkt. Die Kurve gibt an, wie Helligkeitswerte in Codevalues übersetzt werden (OETF) bzw. wie Codevalues wieder in Helligkeitswerte übersetzt werden (EOTF). Beispiele für Tonwertkurven sind:
- Gamma 2.2
- Gamma 2.4
- Arri LogC3
- Sony S-Log3
- ACES cct
- …
Der Gamut gibt an, wie gesättigt Farben dargestellt werden können. Ein Gamut wird üblicherweise als x- und y-Koordinaten der drei Grundfarben (Primaries) R,G,B im CIE1931-Koordinatensystem („Hufeisen“) angegeben. Beispiele für Gamuts sind:
- sRGB-Primaries
- ACES AP0
- ACES AP1
- DCI-P3
- Arri Wide Gamut
- Sony S-Gamut3
- Sony S-Gamut3.Cine
- …
Der Weißpunkt gibt an, wo im CIE1931-Koordinatensystem neutrales Weiß (RGB 1,1,1) liegt. Beispiele für Weißpunkte sind:
- Illuminant A
- D50
- D55
- D65
- DCI Whitepoint
- …
Colormanagement-Systeme in Bewegtbildmedien-Produktion
gebräuchliche Systeme in Bewegtbildmedien-Produktionen sind:
Display referred Workflow in TV-Liveproduktionen
Ein relativ simples CMS wird in TV-Live-Produktiionen eingesetzt. Man hat die EOTF, Color-Gamut und Weißpunkt eines Referenzmonitors und die Viewing Conditions einer idealen Betrachtungsumgebung standardisiert (ITU-R BT.709, ITU-R BT.1886, ITU-R BT.2035). Diese wird am Bildtechnikarbeitsplatz nachgebildet und die Bildtechniker*innen steuern die Kamerasignale so aus, dass das finale Bild auf dem Referenzmonitor den gewünschten Farb- und Helligkeitseindruck hat. Dabei wird die OETF in der Kamera beliebig „verbogen“ (insofern hat die in ITU-R BT.709 definierte OETF keine praktische Relevanz und verwirrt eigentlich nur). Tatsächlich gibt es keinen festen mathematischen Bezug zwischen dem finalen Bild und der Szene. Daher bezeichnet man diesen Workflow als Display referred.
Mit einer immer größeren Verbreitung von HDR-fähigen TV-Geräten, muss der Display-referred Ansatz auch für TV-Produtionen immer mehr in Frage gestellt werden, da parallel ein SDR und ein HDR-Bild produziert werden muss. Siehe hierzu auch: https://www.broadcastnow.co.uk/tech/modern-broadcast-workflows-1-colour-in-modern-broadcast-post-production/5179727.article
ACES
Das Academy Color Encoding System wurde von der Academy of Motion Picture Arts and Sciences zusammen mit ca. 50 Industriepartnern ins Leben gerufen. Bei ACES arbeitet man Scene referred, d.h. die Wandlung von Scene-referred nach Display referred findet nicht wie bei klassischen TV-Workflows schon in der Kamera statt, sondern wird ans Ende der Produktionkette geschoben. Die Aufzeichnung und die Bearbeitung erfolgt Scene-referred, erst in der sogenannten Display Rendering Transform geschieht die Wandlung auf die entsprechenden Viewing Conditions. Dadurch kann man erheblich einfacher für verschiedene Zielmedien (SDR-Monior, HDR-Monitor, Kinoprojektion, etc.) produzieren. Theoretisch reicht es die DRT durch eine andere auszutauschen und den passenden Output Colorspace auszuwählen. In der Praxis wird man noch kleinere Anpassungen machen müssen. Die Display Rendering Transform wird in ACES Reference Rendering Transform (RRT) genannt.
ACES Colorspaces
ACES definiert neben einer Sammlung von Colorspace-Transforms und einer Famile von DRTs (heißt in ACES RRT = Reference Rendering Transform) auch diverse Colorspaces für unterschiedliche Zwecke.
ACES 2065-1
Linear, ACES AP0, ACES WP ~6000K
Dieser Farbraum ist als Austauschformat zwischen z.B. unterschiedlichen Firmen gedacht. Der große ACES AP0-Gamut spannt ein Dreieck auf, das das komplette CIE1931-Hufeisen einschließt und somit alle vom Menschen wahrnehmbaren Farben beinhalten kann. Als Arbeitsfarbraum ungeeignet, da das Dreieck auch Farben beinhaltet die außerhalb der menschlichen Wahrnehmung liegen und der blaue Primary im negativen liegt.
ACEScc
Pure Log, ACES AP1, ACES WP ~6000K
Dieser Farbraum ist als Arbeitsfarbraum für Farbkorrektur (cc=Color Correction) gedacht. Die Tools zur Farbkorrektur sind traditionell auf logarithmische Daten optimiert, da Scans vom analogen Film auch mit einer logarithmischen OETF vorlagen. Es wird der kleinere AP1-Gamut verwendet, bei dem nahezu alle Farben im CIE1931-Hufeisen liegen und bei dem kein Primary negative Koordinaten hat.
ACEScct
ACEScg
Linear, ACES AP1, ACES WP ~6000K
Als Arbeits- und Renderingfarbraum für CG und Compositing, da Compositing- und Rendering-Mathematik nur im Linearen funktionieren. Voraussetzung sind Fileformate (z.B. OpenEXR) und Software (z.B. Nuke, Maya, Blender…) die in Floating-Point statt Integer rechnen/speichern können.
ACES RRT
Die RRT ist die Display Rendering Transform von ACES. Es gibt für verschiedene Viewing Conditions unterschiedliche RRTs (z.B. Cinema 48 nits, Video 100 nits, Videowide 1000 nits). Die RRT konvertiert von scene-referred nach display referred und gibt, im Gegensatz zur TCAM-DRT aus dem Filmlight-Colormanagement, dem Bild auch einen gewissen Look / preferred Color Reproduction (sogenannte „Sweetener“ siehe im CTL-Code der RRT „Glow-Module“ und „Red-Modifier“). Dies ist nicht ganz unumstritten, da es u.U die Coloristen bei der Entwicklung eines eigenen Looks einschränkt.
Wer noch etwas mehr über die Funktion von DRTs und Color Appearance Modelling erfahren will, kann sich das Video von Daniele Siragusano ab ca. 32:20 anschauen: https://vimeo.com/298129056
FilmLight Truelight Colorspaces
Filmlight hat mit Truelight Colorspaces ein Colormanagement-System etabliert, von dem einige Grundideen in das ACES-System der Academy eingeflossen sind. Auch Filmlight standardisiert neben einer Sammlung von Colorspace-Transforms einen eigenen Colorspace (T-Log, E-Gamut), der auf die eigenen Tools optimiert ist. Außerdem bringt Trulight Colorspaces eine eigene Famlie von DRTs mit (TCAM = Treulight Color Appearance Model). Im Gegensatz zur RRT von ACES beschränkt sich die TCAM auf den eher technischen Prozess der Konvertierung von scene-referred nach display-referred. Einen Look, wie er bei der ACES RRT integriert ist, lagert Filmlight in einen seperaten Look-Operator aus, um dem Coloristen mehr Gestaltungsfreiheit zu lassen. Daraus resultiert ein etwas flacheres, „langweiligeres“ Bild als Startpunkt für den Coloristen, was allerdings mehr Gestaltungsspielräume lässt. Mit einem oder mehreren Look Operator, kann man aber z.B. eine Filmsimulation hinzufügen und kann die Stärke mit Hilfe des Level-Reglers einstellen.
Wer noch etwas mehr über die Funktion von DRTs und Color Appearance Modelling erfahren will, kann sich das Video von Daniele Siragusano ab ca. 32:20 anschauen: https://vimeo.com/298129056